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Der Bühnenvorhang im Beethovensaal

Im Beethovensaal der Stuttgarter Liederhalle befindet sich ein bemerkenswerter Bühnenvorhang, der 1956 von der Textilkünstlerin Lotte Hofmann geschaffen wurde. Der Vorhang wurde nach dem Entwurf des Architekten Rolf Gutbrod gefertigt und besteht aus roter China-Rohseide. Die Seide ist in verschiedenfarbigen Bahnen sowohl in Längs- als auch in Querrichtung zusammengefügt, wodurch eine lebendige, dynamische Struktur entsteht. Mit einer Gesamtfläche von etwa 560 m² bildete der Vorhang ein zentrales Element der Innenraumgestaltung und trug wesentlich zur besonderen Atmosphäre des Saals bei.
Lotte Hofmann (1907–1981) war eine bedeutende deutsche Textilkünstlerin, die sowohl die textile Ausstattung zeitgenössischer Architektur als auch Bühnenbildgestaltung prägte. Nach ihrer Flucht aus Königsberg gründete sie 1946 eine Werkstätte in Oberrot-Hausen (Kreis Schwäbisch Hall), die sie bis zu ihrem Tod leitete. Hofmanns Arbeiten zeichnen sich durch einen offenen Umgang mit Materialien und Techniken aus. Charakteristisch ist ihre von ihr entwickelte „Fleckle“-Technik, bei der kleine Quadrate mit ausgefranstem Rand, bestehend aus bis zu 20 Stofflagen, auf den Grundstoff appliziert werden. So entstehen reliefartige Oberflächen mit großer Farbintensität.
Der Bühnenvorhang im Beethoven-Saal war ein bedeutender Auftrag für Hofmann und trug zu ihrem Durchbruch in der Textilkunst bei. Heute ist der Vorhang aus Brandschutzgründen abgehängt, wird aber vor Ort aufbewahrt. Lotte Hofmanns Werke sind in verschiedenen deutschen Museen vertreten, und ihr zu Ehren verleiht eine Stiftung seit 1984 den „Lotte Hofmann Gedächtnispreis für Textilkunst“ an Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland.

Saal ohne Bestuhlung mit altem Vorhang
Nanna Aspholm-Flik